Ortsgeschichte

Aus der Geschichte Kerzenheims

Kerzenheim, was soviel bedeutet wie „Dorf des Kernzo“, wurde im Zuge der fränkischen Landnahme des 6./7. Jahrhunderts gegründet. 1143 erscheint der Ortsname erstmals in den Schriftquellen. Zunächst zur salischen Herrschaft Stauf gehörig, wechselten sich seit dem Ausgang des 12. Jahrhunderts mehrere Grafengeschlechter als Ortsherren ab. Besondere Bedeutung kam dabei Graf Eberhard II. von Eberstein zu, denn er gründete 1241 das Kloster Rosenthal und stattete dieses mit Grundbesitz, dem Zehnten und dem Patronatsrecht über die Kirche in Kerzenheim aus.

Da viele Adelsangehörige diesem Kloster beitraten, erreichte es innerhalb kurzer Zeit überragende Bedeutung. Albrecht von Österreich hatte hier vor der Schlacht am Hasenbühl bei Göllheim am 2. Juli 1298 sein Hauptquartier. Der Leichnam seines in dieser Schlacht gefallenen Gegners, Adolf von Nassau, war an diesem Ort zehn Jahre beigesetzt, bis er am 29. August 1309 in den Dom zu Speyer überführt wurde, um an der Seite seines ehemaligen Todfeindes seinen Platz zu finden. Das Kloster wurde 1460 und 1525 ( Bauernkrieg ) geplündert und zerstört, konnte jedoch bei der Auflösung am 21. November 1572 einen ansehnlichen Besitz dem Grafen Nassau-Saarbrücken übertragen. Diesen Beisitz übernahm später Fürst Carl von Nassau-Weilburg.

Seit 1393 verfügte das Haus Nassau über das Dorf Kerzenheim, zunächst dessen Saarbrücker und nach 1574 dessen Weilburger Linie.

Schon früh unterschied man das höher gelegene „Ober-Kerzenheim“ von dem tiefer angesiedelten „Unter-Kerzenheim“. Im Bereich des Letzteren stand - etwa an der Stelle des jetzigen Kindergartens in der Eisenberger Straße - vom Friedhof umgeben die mittelalterliche Pfarrkirche.

„Ober-Kerzenheim“ umschloss seit dem späten Mittelalter eine Befestigung mit Ringmauer, Wall und Graben, deren Konturen bis heute der Gemeinde ihren unverwechselbaren Ortsgrundriss verleihen. Drei Tore öffneten sich in der Mauer: im Norden die „Heilandspforte“ ( an der Heilandsgasse, jetzt Göllheimer Straße ), im Osten die „Schenkpforte“ ( an der Ebertsheimer Straße ) sowie im Süden die „Backhauspforte“ ( an der Eisenberger Straße ). Die Ringmauer war mit mindestens drei Türmen besetzt. Von einem südöstlichen Wehrturm zeugt nur noch der Flurname „Im Ort beim neuen Turm“. Ein weiterer Rundturm im Südwesten von ca. 5 m Höhe wurde in das Haus Eisen­berger Straße 5 ( jetzt Bäckerei ) verbaut.

Inmitten des Beringes stand eine seit 1283 dokumentierte Marienkapelle, an deren Stelle 1783 die neue lutherische Pfarrkirche erbaut wurde, die in eindrucksvoller Weise das Bild des Ortskerns dominiert. Die Entwürfe fertigte der nassau-weilburgische Bauinspektor zu Kirchheimbolanden, Johann Christian Heß. Er war der spätere Erbauer der Paulskirche in Frankfurt am Main, bei der ähnliche Gestaltungsprinzipien, freilich in fortentwickelter Form, zur Anwendung kamen. In Kerzenheim gelang ihm eine beispielhafte Umsetzung des Zentralbaugedankens im protestantischen Kirchenbau. Somit handelt es sich hier um eines der bemerkenswertesten Kunstdenkmäler der frühklassizistischen Stilepoche in unserem Raum. Die bauliche Konzeption erwuchs ganz offen­sichtlich aus der Auseinandersetzung mit französischen Vorbildern. Die Kirche bildet mit den umgebenden, ehemals öffentlichen Gebäuden ein städtebaulich höchst interessantes Ensemble, das in der Vergangenheit einen wichtigen Mittelpunkt dörflichen Lebens darstellte.

Als ältester Bau liegt das repräsentativ gestaltete, ehemalige protestantische Pfarrhaus der Kirche gegenüber. Laut der lateinischen Portalinschrift erbaute 1712 der Pfarrer Johann Peter Ebenau den spätbarocken doppelgeschossigen Walmdachbau, der sich durch paarig angeordnete Öffnungen mit geohrtem Profilgerähme auszeichnet.

1775 datiert die aufwendig gerahmte Haustür des ehemaligen Schultheißenhauses an der Ecke Ebertsheimer Straße/Kirchgasse. Die Bauinschrift verzeichnet neben dem Schultheiß Johann Hartmut Rittersbacher noch fünf Gerichtsschöffen. Dahinter befindet sich ein weiteres, jedoch sehr schlichtes ehemaliges Schulgebäude des 19. Jahrhunderts. Das Haus rechts der Kirche wurde zwar von Jakob Wand und dessen Ehefrau Katharina Ruppert 1849 erbaut ( Türsturzinschrift ), jedoch später zum Schulhaus mit Gemeindeverwaltung ( 1886 bis 1951/52 ) umgenutzt.

 

Noch bis in die jüngste Vergangenheit war das Erwerbsleben der Gemeinde hauptsächlich von der Landwirtschaft geprägt. Diese Tatsache spiegelt sich nicht zuletzt in der großflächig erhaltenen historischen Baustruktur des 16./17. bis 19. Jahrhunderts wider, die in einigen Ortsbereichen bäu­erliches Wohnen und Wirtschaften in seltener Dichte und Anschaulichkeit dokumentiert. Entlang der Verbindungsstraßen nach Eisenberg, Ebertsheim und Göllheim, die sich im Ortskern am „Römer“ treffen, reihen sich ansehnliche Hofanlagen klein- und mittelbäuerlicher Prägung aneinander. Wie in der östlichen Nordpfalz üblich, überwiegt in Kerzenheim der Typus der geschlossenen Hofanlage, oft Vierkant- oder Dreiseithof.

 

Eine große Zukunftsaufgabe - nicht nur in Kerzenheim - ist der Erhalt der baulichen Geschichtszeugnisse gerade auf dem Lande, die von handwerklichem Können, dem künstlerischen Gestaltungswillen und Besitzerstolz unserer Vorfahren, aber auch den Mühen und Entbehrungen bäuerli­chen Lebens erzählen. Ihre anschauliche Bewahrung trägt dazu bei, den Bezug der hier lebenden Menschen zu ihrer unverwechselbaren, historisch gewachsenen Umgebung zu fördern.